Am letzten Mittwoch vor den Sommerferien laufen die Schüler des Friedrich-Spee-Gymnasiums beim Spendenlauf für die „gute Sache“. Aber was heißt das eigentlich genau? Im folgenden Beitrag wollen wir die Hintergründe unseres Engagements in Äthiopien erläutern.
Der Spendenlauf ist bereits der dritte dieser Art, der letzte liegt nun schon fünf Jahre zurück. Das Geld, das in diesem Jahr gespendet wird, wird für mehrere Zwecke aufgeteilt: Ein Teil geht im Rahmen der „Fair Play-Tour“ nach Ruanda, das Partnerland von Rheinland-Pfalz, einer an die Bibliothek des FSG zur Organisation von Autorenlesungen und Schreibwerkstätten für unsere Schüler, ein weiterer Teil geht an das Fach Sport, damit die Ausstattung unserer Turnhalle verbessert werden kann. Und ein Teil schließlich geht an unsere Partnerschule in Äthiopien. So kommt der Erlös zum Teil den Läufern beziehungsweise Schülern selbst zugute, es geht daneben aber auch um soziales Engagement, um Spenden für Menschen, denen es weniger gut geht als uns.
Das Projekt in Äthiopien möchten wir an dieser Stelle einmal genauer vorstellen, damit sich sowohl Sponsoren als auch Läufer ein Bild davon machen können, wofür sie sich engagieren, sei es nun körperlich oder finanziell.
Im Jahr 2016 hat das FSG eine Schulpartnerschaft mit der „Don Bosco School“ in Adams Tullu in Äthiopien ins Leben gerufen. Unser stellvertretender Schulleiter Herr Stehmann, der intensive Kontakte in das ostafrikanische Land pflegt, hat das Ganze initiiert. Adami Tullu ist eine kleine Stadt mit ca. 9000 Einwohnern, die etwa 170 km südlich der Hauptstadt Addis Abeba im afrikanischen Grabenbruch liegt.
Diese Schulpartnerschaft ist auch als soziales Projekt des FSG gedacht, es handelt sich aber in erster Linie um eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die dadurch ihren Ausdruck findet, dass regelmäßig Jugendbegegnungen in Äthiopien organisiert werden. Das bedeutet, dass deutsche Jugendliche, Schüler der Oberstufe des FSG, die äthiopischen Jugendlichen in deren Heimat besuchen, an der Schule in Adami Tullu zu Gast sind, gemeinsame Projekte bearbeiten und in die Lebenswelt der Partner eintauchen.
Seit 2016 haben bereits drei solcher Begegnungsreisen von Trier nach Adami Tullu stattgefunden. Ein wichtiger Teil der Erfahrungen auf diesen Reisen war, dass das Gastland – oft entgegen der gängigen „Afrika-Klischees“ – eine überaus reiche, vielfältige und beeindruckende Kultur, eine atemberaubende Natur sowie freundliche, fröhliche aufgeschlossene Menschen zu bieten hat. Ein anderer Teil der Erfahrungen ist aber auch die Erkenntnis, dass diese Menschen, die schnell zu Freunden wurden, materiell in sehr viel prekäreren Verhältnissen leben als wir und dass wir unseren Partnern mit relativ geringem finanziellen Aufwand eine große Stütze sein können.
Auf die Frage, wie man am besten wirksam und nachhaltig helfen kann, haben wir bei unserem zweiten Besuch im Jahr 2018 eine verblüffend einfache Antwort gefunden:
Dem Schulbetrieb ist eine Farm angeschlossen, die mit Ackerbau und Viehhaltung (Ziegen, Milchkühe, Hühner) den Eigenbedarf an Milch, Obst, Gemüse, Fleisch und Futtermitteln deckt. Bereits jetzt werden Überschüsse verkauft, was der Leitung der Schule gewisse finanzielle Spielräume eröffnet.
So entstand in der Trierer Gruppe die Idee, im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe die Expansion der Farm zu unterstützen, sodass die Schule im Laufe der Zeit immer weniger auf Spenden angewiesen sein wird. Gewinne aus der eigenen Farm sind berechenbarer und zuverlässiger als Spenden und geben den Leuten vor Ort Planungssicherheit.
Nach Beratungen und etwas Grübelei zusammen mit dem Schulleiter Tesfaye vor Ort, wie das konkret aussehen sollte, nahm unser Projekt dann schnell Gestalt an: „Eine Kuh für Adami Tullu“ lautete nun unser Ziel. Dies sollte der perfekte Anknüpfungspunkt für das Engagement der deutschen Partner sein, das eine nachhaltige und sich selbst verstärkende Hilfe gewährleistet.
Dieses Spendenziel hat zahlreiche Vorteile:
Es handelt sich um eine Kreuzung der afrikanischen Kühe mit leistungsstarken europäischen Milchkühen der Rasse „Holsteiner“. Die Anschaffung einer solchen Kuh, die vor Ort umgerechnet etwa 2.000 € kostet, ist für unsere Partner eine sehr große finanzielle Hürde. Das macht unsere Hilfe umso wertvoller.
Sie gibt Milch, die Überschüsse können verkauft werden, sie bekommt Kälber (ein weibliches ist quasi der „Hauptgewinn“ und verstärkt die bereits vorhandene Riege der Milchkühe, aber auch ein männliches hilft weiter, es kann verkauft werden und bringt Geld ein). Selbst die Kosten, die für die Besuche eines Tierarztes anfallen, können durch diese Einnahmen leicht gedeckt werden und stellen dann kein Problem dar.
– Während die Kühe in der Anschaffung sehr teuer sind, ist menschliche Arbeitskraft recht billig. Es ist also kein großer finanzieller Aufwand, neue Stallungen zu bauen oder mehr Ackerland zu bewirtschaften.
– Zukauf von Ackerland: Das ermöglicht den Anbau von zusätzlichem Futter für das Milchvieh und den Anbau von noch mehr Obst und Gemüse zum Verkauf auf dem örtlichen Markt;
– Weitere Tiere können angeschafft und die Stallungen ausgebaut werden.
– Aus unserer Sicht gab es noch einen weiteren Anknüpfungspunkt: Bei unserem zweiten Besuch haben wir in einem Schuppen eine fast neue, aber leider stillgelegte Zugmaschine (= einen Traktor) gesehen: Es fehlt ein Ersatzteil, dessen Anschaffung momentan zu aufwändig und zu teuer ist. Auch hier wären zusätzliche finanzielle Mittel hilfreich.
Und zuletzt: Mit leerem Magen kann man nicht lernen. Aus Milch wird Brot.
Bereits jetzt gibt es eine wichtige Regelung für die Schüler der Don Bosco School:
Da viele Kinder aus Adami Tullu und aus dem Umland aus sehr armen Familien stammen und daher ohne Frühstück zum Unterricht kommen, wird in der Schule täglich in der ersten Pause Brot verteilt.
Dieses Brot wird mit den Gewinnen bezahlt, die durch den Milchverkauf in die Kassen der Schule fließen.
Damit unsere Spenden ordentlich koordiniert und unseren Partnern in Äthiopien zugewiesen werden können, pflegen wir hier in Deutschland eine enge Zusammenarbeit mit der Don Bosco Mission in Bonn. Hier hat man dafür gesorgt, dass unser Kuh-Projekt eine Projektnummer erhält und so auch auf bürokratischem Weg alles korrekt läuft. Von den Spenden wird nichts „wegverwaltet“, jeder Cent kommt unmittelbar bei unseren Partnern in Äthiopien an.
Eine erste Spende des FSG speziell für die Farm erreichte die Don Bosco School dieses Jahr, im Januar 2019. Als wir Ende Februar bei unseren Partnern ankamen, staunten wir nicht schlecht, als wir erfuhren, dass sie von der Spende bereits die erste Kuh gekauft hatten! Und es gab noch eine weitere frohe Nachricht: Die Kuh war bereits trächtig, es wird also im Spätsommer auf der Farm ein erstes „FSG-Kälbchen“ geben.
Und nicht nur das. Wir konnten auf der Farm auch gleich ihre Bekanntschaft machen und sie sogar streicheln. Es wurde eine feierliche „Übergabe“ organisiert, für die unsere Schüler Blumenschmuck und ein Schild bastelten. „Unsere 1. Kuh für Adami Tullu“ haben sie darauf geschrieben, denn bei diesem einen Tier soll es nicht bleiben.
Auf der Farm gibt es im Augenblick, die „FSG-Kuh“ eingerechnet, acht Milchkühe und einen Bullen. Die Stallungen bieten bereits jetzt, ohne dass angebaut werden müsste, Platz für fünf weitere Kühe – das sollte uns ein Anreiz sein!
Gleich am nächsten Tag hatten die Mitglieder der deutschen Gruppe in der Schule übrigens eine ehrenvolle Aufgabe:
Sie halfen in der Pause beim Verteilen des mit dem „Milchgeld“ bezahlten Brots an die hungrigen Kinder. Es war eine große Freude zu sehen, wie die Kinder mit leuchtenden Augen und großem Appetit ihr Brot verspeisten.
Ganz kurz gesagt:
Für Hilfe, die ankommt – Lasst uns laufen am 26. Juni, damit es bald wieder heißt: „Eine Kuh für Adami Tullu“! (Und dann noch eine, und dann noch eine, und dann… !)
Unserer Partnerschule wird vom italienischen Zweig der Salesieaner Don Boscos betrieben. Sie war bei ihrer Gründung die einzige Schule im Ort, mittlerweile gibt es auch eine staatliche.
– Schulgeld, das die Eltern zu zahlen haben: 58 äthiop. Birr (ETB)/Monat (ca. 2€)
– tatsächlich verursachte Kosten pro Schüler: 303 ETB/Monat (ca. 10€)
Die Differenz von ca. 8€ pro Schüler und Montag muss vom Orden, durch Spenden oder durch die Einkünfte aus der schuleigenen Farm aufgebracht werden
Derzeit werden etwa 2 Hektar Farmland beackert, die mit einem Bewässerungssystem versorgt sind und daher recht guten Ertrag bringen.