„Equal Pay Day“ – ein Statement zur Frauenquote

Am 10. März ist im Jahr 2021 der "Equal-Pay-Day". Foto: Businessfotografie Inga Haar/ BPW Germany e.V.

Am 10. März ist im Jahr 2021 der „Equal-Pay-Day“. Foto: Businessfotografie Inga Haar/ BPW Germany e.V.

Am Mittwoch, 10. März, findet in Deutschland der „Equal Pay Day“ statt. Damit soll auf den Gender-Pay-Gap, der die Spanne, die zwischen der Bezahlung von Männern und Frauen liegt, beschreibt, aufmerksam gemacht werden. Ein Essay von Angela Pauls aus der MSS 11.

Der Mythos des kompetenten Mannes, der bei der Beförderung leer ausgegangen ist, weil im Vorstand noch die Quotenfrau fehlte

Wer kennt ihn nicht? Den armen Mann, der ewig hart gearbeitet hat und nun nach Jahren auf eine wohlverdiente Beförderung wartet, erhält wider Erwarten den angestrebten Platz im Vorstand des Unternehmens nicht. Hat er etwas falsch gemacht? Hätte er mehr Überstunden machen sollen oder auch am Wochenende arbeiten? Nein, denn das ist keineswegs der Grund dafür, dass seine Bewerbung abgelehnt wurde. Der Platz wurde an jemand anderen vergeben, an eine Frau, und zwar allein deswegen, weil sie eine Frau ist und dem Vorstand, zur Zeit bestehend aus 14 Männern, noch die Quotenfrau fehlte. Vielleicht hat sie aber auch zur richtigen Zeit mit den richtigen Männern etwas am Laufen gehabt, denkt sich der Übergangene verbittert. Dass sie tatsächlich kompetenter sein könnte als er und tatsächlich am Wochenende gearbeitet hat, weil sie wusste, dass sie zwar vermutlich bevorzugt werden würde, weil sie rein zufällig in einem DAX-Unternehmen arbeitet, in dem kürzlich die Quote verpflichtend wurde, aber dennoch befürchtet hat, nicht befördert zu werden, wenn sie sich nicht mindestens doppelt so viel engagiert wie ihre männlichen Mitbewerber, der Gedanke kommt dem Mann natürlich nicht. Denn was soll sie auch besser können als er? Sie ist ja schließlich eine Frau und Frauen werden niemals so gut geeignet für Führungspositionen sein wie Männer.

Gut, zugegeben, die ganze Situation ist jetzt etwas überspitzt dargestellt und diese Geschichte frei erfunden, aber zumindest so ähnlich könnte sich das doch abgespielt haben, oder etwa nicht? Neben dieser Geschichte gibt es nämlich auch noch die Wahrheit oder die Realität oder wie auch immer man das nennen mag. Trotz rechtlicher Gleichstellung aller Geschlechter gibt es immer noch die sogenannte „Gender Pay-Gap“, das heißt, dass Frauen im Schnitt für die gleiche Arbeit geringer entlohnt werden als ihre männlichen Kollegen, und auch im Vorstand großer und kleiner Unternehmen sind selten Frauen vertreten, die, um befördert zu werden, deutlich mehr Zeit, Leistung und Ehrgeiz eingesetzt haben. Deshalb wurde vor einigen Monaten in den Vorständen der DAX-Unternehmen eine Frauenquote, die über die vorigen Festlegungen von meist null Prozent hinausgeht, eingeführt. Natürlich nicht ohne reichlich Kritik von Gegner*innen, die sich anscheinend vorstellen, dass für diese Posten jetzt wahllos irgendwelche Frauen befördert würden, vielleicht sogar welche, die man zufällig auf der Straße getroffen hat und bei denen man sich gedacht hat: ‚Ach, die sieht ja ganz nett aus. So professionell. Würde unserem Unternehmen sicher gut stehen.‘ „Es nervt langsam“, schreibt Spiegel Online-Kolumnistin Margarete Stokowski deshalb ironisch auf Twitter. „Nur kurz draußen gewesen und gleich fünf Mal angelabert worden, ob ich ‘nen Vorstandsposten will.“ Denn so läuft das ja augenscheinlich mit dieser Frauenquote. Völlig willkürlich. Ist ja nicht so, als würden im besagten Unternehmen Frauen sitzen, die schon ewig darauf warten, endlich mal befördert zu werden, weil sie es echt verdient hätten, und jetzt wirklich mal ihre Chance ausnutzen können. Quotenfrauen sind keine Dahergelaufenen, keine Inkompetenten, sondern hauptsächlich die, die schon längst hätten befördert werden sollen.

Nun ist die Sache mit der Quote natürlich noch nicht gelöst. Wenn alles gut liefe, bräuchten wir die Quote ja überhaupt nicht. Wenn alles gut liefe, wüssten Jungen und Mädchen schon im Vorschulalter, dass nicht nur Männer Karriere machen können, Frauen auch zur Feuerwehr gehen oder Physikerinnen werden können und dass man Jungen, die Krankenpfleger oder Erzieher werden wollen, nicht auslachen sollte, weil das angeblich Berufe für Frauen sind. Alle Berufe sind für alle Geschlechter zugänglich, alle haben die gleichen Chancen, zumindest formal. Das einzige, was dem noch im Weg steht, sind die Schubladen in den Köpfen der Menschen. Diese hat man versucht zu beseitigen, indem man gesagt hat: „Ach, die Gesellschaft, die wird sich schon ändern. Das passiert schon von alleine.“ Leider ist der Plan so nicht aufgegangen. Deshalb muss man von oben anfangen. Mit einer Frauenquote zum Beispiel, die hoffentlich auch irgendwann wieder abgeschafft werden kann, weil es dann normal ist, dass auch Frauen in Vorständen sitzen. Am besten zu etwa 50%, da sie ja auch einen genauso großen Anteil in der Weltbevölkerung darstellen.

Eine Frauenquote ist nichts Schönes. Eigentlich ist sie kompletter Unsinn. Immerhin sollte man so etwas nicht erzwingen müssen, es sollte vollkommen üblich sein, Frauen auch mal zu befördern, auch wenn sie logischerweise keine Männer sind. Aber genauso blöd wie die Quote ist, sie ist auch notwendig. Notwendig, um das zu erreichen, was durch bloßes Hoffen nicht geht. Hoffen wir mal, dass sie was bringt. Hoffen wir, dass wir, wenn oben alles geregelt ist, auch nach unten schauen, und bei den Kleinen das Umdenken vorantreiben können, wenn sich das bei denen bis dahin nicht schon längst etabliert hat.

Hintergrund

Seit 2008 findet der vom Bund unterstützte „Equal Pay Day“ in Deutschland statt. Dass er dieses Jahr am 10. März stattfindet, bedeutet, dass der Unterschied in der Bezahlung von Frauen und Männern in Deutschland aktuell bei etwa 18,9 Prozent liegt, das sind rund 4,4 Prozentpunkte weniger als noch im Jahr 2010, in dem der Aktionstag am 26.03. lag. Diese Prozentangabe wird nämlich auf die Tage im Jahr übertragen, die ihr entsprechen. 21 Prozent entsprechen beispielsweise etwa 77 Tagen, also dem 18. März als Aktionstag, wie es 2019 der Fall war. Man rechnet hierbei mit dem unbereinigten Wert. Das heißt, es wird keine Rücksicht auf gleiche Tätigkeit genommen, sondern auf die Bezahlung allgemein, denn Frauen arbeiten oft in schlechter bezahlten Jobs als Männer, etwa als Krankenpflegerin. Beschönigt würde die Zahl irgendwo zwischen zwei und sieben Prozent liegen.