Äthiopien 2018 – das komplette Tagebuch

Ein unvergessliches Erlebnis, kurz bevor sie die Schule verlassen: Elf Zwölftklässler unternahmen zusammen mit Herrn Stehmann und Frau Wagner eine Exkursion nach Äthiopien.

Ein unvergessliches Erlebnis, kurz bevor sie die Schule verlassen: Elf Zwölftklässler unternahmen zusammen mit Herrn Stehmann und Frau Wagner eine Exkursion nach Äthiopien.

Eineinhalb Wochen lang besuchte eine Schülergruppe des FSG eine Schülergruppe der Don Bosco Schule in Adami Tullu in Äthiopien. Unsere Schüler wurden in einem Workshop durch die Don Bosco Mission / Don Bosco Macht Schule, in dem es um interkulturelles Lernen ging, auf die Begegnung mit den Jugendlichen einer uns fremden Kultur vorbereitet. 

Nachdem wir im vergangenen Schuljahr bereits den ersten Teil des Reiseberichts online gestellt hatten, ist das Tagebuch dieser Exkursion nun vollständig.

Tage 1 bis 3

Der Hinflug war (wie auch der Rückflug) ein Nachtflug. Am Abflugtag gab es in unserer Gruppe den ersten Geburtstag zu feiern: Frau Wagner! Nach Mitternacht hatte bereits das zweite Mitglied der Gruppe, nämlich Svenja, Geburtstag. Über die Fluggesellschaft Ethiopian Airlines wurde deshalb im Vorfeld der Reise eine Torte gecatert, und in der Bordküche wurde auf die beiden Geburtstagskinder angestoßen, und zwar mit Champagner! Nachdem die Ethiopian Airlines nun von den Geburtstagen wusste, haben sie die beiden sogar in die Business Class „upgegradet“.

Wir kamen kurz vor 6 Uhr, noch bei Dunkelheit, in Addis Abeba an. Bis wir den Flughafen verlassen konnten, dauerte es eine Weile. Für drei Schüler mussten wir noch ein Visum besorgen. In der Zwischenzeit kümmerten sich die anderen Schüler um das Gepäck. Da wir sonntags ankamen, nutzten wir die Bank am Flughafen noch, um einen Teil des Geldes zu wechseln. Man gibt ein paar Euroschein und braucht für die gewechselten Ethiopian Birr eine Tasche. Die größte Note sind 100 ETB, umgerechnet ca. 3 EUR. Draußen wartete schon Abba Tesfay Matthewos, der Superior und Schulleiter in Adami Tullu, mit zwei Kleinbussen auf uns.

Mittags kamen wir in Adami Tullu an. Am späten Nachmittag hatten wir unser erstes Treffen mit unserer Partnergruppe. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurde in einer traditionellen Zeremonie Kaffee für uns bereitet. Der Kaffee stammt ursprünglich aus Äthiopien, aus der Provinz Kaffa. Dort – so lehren uns diverse Legenden – soll ein Ziegenhirte beobachtet haben, wie seine Tiere nach dem Kauen der Blätter und Kirschen des Strauches zu tanzen anfingen. Er probierte selbst von den Beeren und spürte die aufputschende Wirkung, von der er den Mönchen eines nahegelegenen Klosters erzählte. Diese trugen zur Verbreitung des Getränkes bei.

Nach dem Kaffee fingen – ähnlich wie Kaldis Ziegen – die äthiopischen Schüler an zu tanzen und forderten unsere Schüler zum Tanz auf. Alle Berührungsängste waren weg. Unsere Ankunft machte auch Kinder aus der Nachbarschaft neugierig, die angelaufen kamen.

Eigentlich beginnt am Montag die Schulwoche. An diesem Montag, den 5. Februar, endete sie aber auch. Am 31. Januar ist Gedenktag des Hl. Johannes Bosco. Aus diesem Anlass fand an jenem Montag vormittags eine große Feier zu Ehren des Heiligen statt. Die Mehrheit der Schüler sind zwar Muslime, sie feiern aber ganz selbstverständlich mit. Wie es scheint, nahmen auch Kinder aus der Nachbarschaft, die nicht direkt zur Schulgemeinschaft gehören, teil.

Die Feier begann in der Aula. Einige Schüler hatten ein Gedicht auf den Heiligen verfasst und trugen dieses vor, andere hatten Gemälde gestaltet. Es wurde gesungen und getanzt. Auch unsere Schüler sollten einen Beitrag einbringen. Wie gut, dass es Macarena gibt.

Später ging es raus auf den Schulhof. Dort waren schon Spiele vorbereitet. Wir durften an den Spielen teilnehmen. Zunächst mal Seilziehen. Dann waren einige Tonkrüge an einer Stange aufgehängt, mit Sand oder Wasser und einem Preis gefüllt. Die Spieler mussten mit verbundenen Augen mit einer Stange den Krug zerschlagen, um an den Gewinn zu kommen. Tobias gewann ein T-Shirt!

Den Rest der Woche hatten die Schüler schulfrei. Dadurch konnten wir viel Zeit mit der Gastgruppe gemeinsam verbringen. Wie gut, dass wir durch den Workshop mit der Don Bosco Mission Bonn darauf vorbereitet waren: Für äthiopische Kinder sind glatte, lange, blonde oder rote Haare etwas besonderes. Das muss haptisch begutachtet werden, und zwar ganz ausführlich. Vorbereitet oder nicht – es war irgendwann lästig und anstrengend.

Nach dem Mittagessen und Mittagsruhe trafen wir uns noch mal mit unserer Gastgruppe auf dem Schulhof. Nun zum Ballspielen. Da der Schulhof nachmittag auch für die Community geöffnet ist, waren viele andere Gäste anwesend. (Der Nachmittag beginnt mit den farbenfrohen Fotos der Boucanville.)

Südlich von Adami Tullu liegen drei Seen nebeneinander. Zwei davon, der Lake Abjata und der Lake Shalla, liegen westlich der Hauptstraße in einem Nationalpark. Dort besuchten wir zunächst eine Straußenfarm. Das grau-braune Weibchen brütet tagsüber und ist durch das Gefieder im Sand und Staub gut getarnt. Nachts löst das schwarze Männchen ab und ist durch das schwarze Gefieder in der Dunkelheit kaum zu sehen. Außer den Straußen bekamen wir auch Warzenschweine und Thomsongazellen zu sehen.

Wir stiegen ab zum Shalla-See. Um ihn herum vulkanisches Gestein und heiße Quellen. Das Wasser kommt mit 97° C aus dem Boden. Es riecht ein wenig schwefelig. Wo das Heiße Quellwasser im Bachlauf zum See sich genügend abgekühlt hat, trinkt das Vieh daraus. Um die Quellen selbst sieht man abgekaute Maiskolben, die dort gegart werden. Wie praktisch, das Wasser kommt bereits kochend und gesalzen aus dem Boden.

Der See hat eine tiefblaue Farbe. Man sieht einige Flamingos. Viel mehr Falmingos gibt es am Abjata, ein Natron-See. Dort kommen wir aber nicht hin. Auf der anderen Straßenseite befindet sich der dritte See, der Langano. Einer der wenigen Badeseen Äthiopiens, in dem es aufgrund der im Wasser gelösten Mineralien keine Erreger der Bilharziose gibt.

Tag 4

Für den Mittwoch stand ein ganztägiger Ausflug zum nahe gelegenen Lake Zway auf dem Programm. Mit den äthiopischen Schülern und Lehrern wurden wir zunächst auf zwei Kleinbusse, dann auf zwei Boote verteilt. Wir fuhren zwei der Inseln auf dem See an. Auf einer der Inseln, Debre Tsyon (Berg Zion), bsuchten wir ein Kloster. Dort erzählte und einer der Mönche, dass die Aksumiten im 8./9. Jahrhundert in dem Kloster die Bundeslade aufbewahrten, um sie dort vor den Wirren in Aksum in Sicherheit zu bringen. In der Hauptstadt Aksum ergriff die jüdische Zagwe-Dynastie die Macht und verdrängte die seit dem 4. Jahrhundert christliche Salomonische Dynastie. Aksum und Umgebung haben wir in der darauf folgenden Woche noch vor uns. Auf dem See und den Inseln waren einige interessante Tiere zu beobachten: Meerkatzen, Nilpferde, Hammerkopf, Schreiseeadler, Wiedehopf und vielen anderes mehr.

Tag 5

Aus der Schülerschaft wurden drei Schüler ausgesucht, deren Familien wir nun besuchten. Eine Gruppe besuchte das Haus der Schülerin Tigist, eine einfache Lehmhütte mit zwei Zimmern und Wellblechdach. Für uns wurde eine traditionelle Kaffeezeremonie zelebriert. Wir wurden eingeladen, beim Rösten der Kaffeebohnen und Stampfen des Kaffees und der Zubereitung des Popcorns mitzuhelfen. Anschließend trafen sich die drei Gruppen auf dem Kaktushügel („Adami Tullu“), der dem Städtchen den Namen gibt. Nach dem Mittagessen führte Abba Tesfaye uns durch die Schule und zeigte uns die landwirtschaftlichen Bereiche der Anlage. Vor allem die Viehhaltung und der Verkauf der Milch sind gute Einnahmequellen auf dem Weg zur Selbstversorgung. Gegen Abend war der Schulhof für uns und die Jugend der Nachbarschaft für sportliche Aktivitäten geöffnet.

Tag 6

Am Vormittag führen wir auf Pisten durch die Felder um eine traditionelle Farm zu besichtigen. Endlich sahen wir eine Kamelherde aus der Nähe. Nachdem wir gelernt haben, wie der Ochsenpflug zu führen ist, konnten wir mit Hand anlegen. Von der Farm aus fuhren wir weiter zu eine Pestizidfabrik. Dort durfte man jedoch nicht fotografieren. Auf der Rückfahrt zum Mittagessen begegneten wir einen der Salesianerpatres aus Zway, der uns einlud, die Anlage in Zway am Nachmittag zu besuchen, was wir dann auch taten. Abends trafen wir uns zu einer Feier mit den äthiopischen Schülern und Lehrern. Es gab neben Resümees und Tanz auch Tränen.

Tag 7

Nach unserem Abschied in und von Adami Tullu fuhren wir über Butajira nach Addis Abeba. Die Strecke führt gleich bei Zway aus dem Grabenbruch in die Berge an dem Städtchen Tiya vorbei. In Tiya gibt es eine UNESCO-Weltkulurerbestätte. Ein Feld mit monolithischen Grabstelen. Das darf man natürlich nicht links liegen lassen. In Addis Abeba kamen wir rechtzeitig zum Feierabendverkehr an. Die paar Kilometer durch die Stadt waren anstrengender und haben uns gefühlt mehr Zeit gekostet als die gut 150 km zuvor.

Tag 8

Am nächsten Morgen mussten wir schon früh raus, um 06:00 sollten wir am Flughafen für unseren Flug nach Aksum sein. Am Flughafen in Aksum warte unser Führer Yirga schon auf uns und startete gleich mit dem Besichtigungsprogramm. Die antike Stadt ist eine weitere Stätte auf der Weltkulturerbeliste der UNESCO. Als erstes besichtigten wir das Stelenfeld mit den bis zu 35 m hohen monolithischen Granitstelen. Die Grabanlagen unter den Stelen reichen bis in vorchristliche Zeit zurück. Ein paar hundert Meter davon entfernt liegt das Grab eines aksumitischen Königs, der in Aksum zur Zeit der Geburt Christi herrschte, König Bazen. Das legt die Vermutung nahe, dass es sich um Balthasar, einen der Hl. Drei Könige handelt. Nach dem Mittagessen fuhren wir aus der Stadt und besuchten die Palastruinen von Dungur. Wahrscheinlich – das scheinen Ausgrabungen der jüngsten Zeit zu bestätigen – wurde der Palast über den Mauern eines älteren Palastes errichtet, der der Königin von Saba zugeschrieben wird. Nicht weit entfernt von den Ruinen befindet sich der Granitsteinbruch, aus dem die Stelen gebrochen wurden. Der Anstieg in der nachmittäglichen, brennenden Sonne strengte uns ziemlich an. Der Ausblick war es aber wert. Von dort fuhren wir erschöpft nach Adwa, wo wir bei den Salesianern übernachteten.

Tag 9

Nach dem Frühstück fuhren wir von Adwa wieder nach Aksum. Unser erster Programm war die Kathedrale Mariyam Tsyon: Neben der Kathedrale befindet sich ein Museum mit einer Unmenge von Kostbarkeiten. Diese sind leider einfach nur in Glasschränken dicht an dicht verstaut. Man bräuchte eigentlich die dreifache Fläche und die doppelte Zeit, um alles würdig zu betrachten und zu verstehen. Neben dem Museum befindet sich die Kapelle, in der die Bundeslade aufbewahrt wird. Diese soll sich wohl seit dem 8. Jh. vor Chr. in Äthiopien befinden, zunächst auf den Inseln im Tanasee, später in Aksum, von dort mehrfach auf den Inseln des Tanasees und des Lake Zway in Sicherheit gebracht. Von dort aus am Stelenfeld vorbei führte uns Yirga zur reich bemalten Yesuskirche. Anhand der Bilder erklärte Yirga uns einiges zur äthiopisch-orthodoxen Kirche. Weiter ging es am Bad der Königin von Saba vorbei zu den Grabanlagen der Könige Kaleb und Gebre Maskal (Diener des Kreuzes) aus dem 6. Jh. Von dort marschierten wir zu Fuß weiter und bestiegen den Klosterberg Abba Liqanos, von dem aus man eine wunderbare Aussicht über die Stadt, das Kloster Abba Pentlewon und die Berge um Adwa hat.

Tag 10

Am nächsten Morgen fuhren wir von Adwa nicht nach Aksum sondern in die Gegenrichtung nach Yeha. Der Weg dorthin führt durch eine spektakuläre Berge- und Felsenlandschaft. In Yeha haben wir den Tempel besichtigt. Der Tempel wurde in Kyklopenbauweise aus Kalksteinsteinblöcken vor ca. 2.700 Jahren errichtet. Als Größenvergleich ist auf einem der Fotos in der rechten unteren Ecke Kiras Hand zu sehen. Neben dem Tempel haben wir noch eine Ausgrabungsstätte der Deutschen Archäologischen Institutes besucht. Ausgegraben wird das sogenannte „Schatzhaus“ (Grat Be’al Gebri) [verlinken mit https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/92320 ?) aus dem 8. Jh v. Chr., der wohl größte vergleichbare antike Holz-Steinbau Ostafrikas und Südarabiens. Nach dem Mittagessen fuhren wir noch ein Stück Richtung Hawzen und Tembien. So war vor dem Abendessen noch genug Zeit, die Anlage der Salesianer mit Kindergarten, Schulen und Landwirtschaft zu besichtigen.

Tag 11

Am nächsten Tag flogen wir morgens nach Addis Abeba zurück. Nachmittags und am Folgetag, an dem wir abends wieder Richtung Frankfurt aufbrachen, standen noch Einkäufe auf dem Programm.