Friedrich Spee von Langenfeld – der Namensgeber unserer Schule

Friedrich Spee – Leben, Wirken, Werk

„Diejenigen, die über Friedrich Spee gearbeitet haben, waren sich bewusst, dass Friedrich Spee nicht einfach mit einem Wort zu charakterisieren ist.“ Er wird als „Dichter, Theologe, Bekämpfer des Hexenwahns“ oder als „Priester, Dichter, Hexenanwalt“ vorgestellt; andere bezeichnen ihn als „Edelmann, Mahner, Dichter“, als „Priester, Poet, Prophet“ oder verbinden die Stichworte „Jesuit, Wissenschaftler, Dichter, Menschenrechtler“ mit ihm. Diese Bezeich-nungen machen deutlich, wie viele verschiedene Tätigkeiten Friedrich Spee ausgeübt hat, und sie geben einen Eindruck von der Vielschichtigkeit seiner Person.

Friedrich Spee wurde am 25. Februar 1591 in Kaiserswerth bei Düsseldorf als Sohn des dorti-gen Amtmannes und Burgvogts geboren. Er verbrachte seine Gymnasialjahre in Köln. 1610 trat Friedrich Spee in Trier in den Jesuitenorden, die Societas Jesu (Gesellschaft Jesu) ein und legt zwei Jahre später die ersten Ordensgelübde ab.

Seit 1612 war Friedrich Spee an vielen verschiedenen Orten in Deutschland tätig, weil die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, das Wüten der Pest oder Krankheit einen Ortswechsel erforderten, oder weil er von seinen Ordensvorgesetzten suspendiert, versetzt und mit neuen Aufgaben betraut wurde. Spee studierte Philosophie und Theologie und wurde 1622 zum Priester geweiht. Er war als Lehrer an verschiedenen Schulen des Jesuitenordens und als Pro-fessor an verschiedenen Universitäten tätig. Daneben wurde Spee mit seelsorgerlichen Aufgaben betraut. In Köln betreute er die Frauengemeinschaft St. Ursula. Er wurde nach Peine in Westfalen entsandt, um die evangelisch gewordene Stadt für den katholischen Glauben zu-rückzugewinnen. An den verschiedenen Orten, an denen er unterrichtete, war er als Beichtvater für der Hexerei angeklagte und zum Tode verurteilte Frauen eingesetzt. – Seinen seit Kindheitstagen gehegten Traum, als Missionar nach Indien gesandt zu werden, konnte Friedrich Spee nicht verwirklichen.

1632 wurde Spee von seiner Ordensleitung wieder nach Trier geschickt, wo er an der Univer-sität lehrte sowie als Beichtvater und Seelsorger in Krankenhäusern und Gefängnissen tätig war. In Trier starb er am 7. August 1635 an einer pestartigen Seuche, die er sich bei der Pfle-ge kranker und verwundeter Soldaten zugezogen hatte, und wurde noch am selben Tag in der Krypta der Jesuitenkirche beigesetzt.

Das Werk Friedrich Spees ist unmittelbar aus seiner Tätigkeit erwachsen. Als Seelsorger der Kölner Frauengemeinschaft St. Ursula verfasste er für die von ihm begleiteten Frauen das Güldene Tugend-Buch, eines der ersten Andachtsbücher speziell für Frauen. Aus seiner Lehr- und Seelsorgstätigkeit entstanden zahlreiche Kirchenlieder, die noch heute sowohl in katholi-schen wie auch in evangelischen Gesangbüchern enthalten sind. In der Cautio Criminalis prangerte Spee die Form der Hexenprozesse mit ihren unter der Folter erpressten Geständnis-sen an, die zur Wahrheitsfindung völlig ungeeignet seien. Mit der Veröffentlichung dieser Schrift riskierte er die Entlassung aus dem Orden und den Konflikt mit der kirchlichen und weltlichen Obrigkeit. Mit der Trutz-Nachtigall verfasste Spee ein bedeutendes Werk der Barockdichtung, in dem er das Wunder der Schöpfung besang und seinem unerschütterlichen Glauben Ausdruck verlieh, dass Gottes Liebe zu seiner Schöpfung stärker ist als alle menschliche Grausamkeit, als Leid und Not.

Friedrich Spee – Die Namensgebung für unsere Schule

Nachdem 1973 ein weiteres Gymnasium für die Stadt Trier errichtet worden war, das – nach einer Übergangszeit in der ehemaligen Abtei St. Maximin – am Mäusheckerweg zwischen Ehrang, Biewer und Pfalzel seinen endgültigen Standort haben sollte, stellte sich auch die Aufgabe, dem neuen Gymnasium einen Namen zu geben. Verschiedene Persönlichkeiten waren im Gespräch, darunter auch bald der mit Trier eng verbundene Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld. Es ist wohl auch der Sachkenntnis und der Überzeugungskraft von Professor Balthasar Fischer zu verdanken, dass das neue Gymnasium den Namen Friedrich Spee erhielt. Professor Fischer hielt nämlich im November 1974 vor dem Lehrerkollegium einen Vortrag zu Leben, Werk und Bedeutung Friedrich Spees, und im Gefolge dieses Vortrages fand sich in allen Schulgremien eine eindeutige Mehrheit für den Namen Friedrich Spee. Nachdem auch die zuständigen Behörden ihre Zustimmung gegeben hatten, konnte das neue Gymnasium in Trier seit dem 11. Februar 1976 den Namen Friedrich-Spee-Gymnasium tragen.

Friedrich Spee – Impulse in heutiger Zeit

Was hat Friedrich Spee, ein Theologe der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, einer Schulgemeinschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts zu sagen?

Sprache
Friedrich Spee war ein Dichter. Er zeigt uns mit seinem Werk, wie Leid und Not, aber auch Glaube und Vertrauen ins Wort gehoben und dadurch bewältigt, ausgehalten, für das Leben fruchtbar gemacht werden können. Mit seiner klaren Sprache in der Cautio Criminalis hat er die falsche Sprache der Hexenprozesse entlarvt. Spee schloss sein Werk gegen die Hexenprozesse mit dem Bekenntnis, „es gebührt mir nicht, unter denen zu sein, die der Prophet stumme Hunde heißt, die nicht zu bellen wissen.“ Nicht zuletzt hat Friedrich Spee mit seinem Werk, ähnlich wie Martin Luther, zur Entwicklung der deutschen Sprache beigetragen und mit sei-nen deutschen Kirchenliedern und Gebeten einer breiteren Bevölkerungsschicht einen Zugang zur Poesie und zum geistlichen Leben erschlossen. – Auch heute gilt, dass Literatur Sprache leiht, und es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Gymnasiums, seine Schülerinnen und Schüler sprachfähig, gar sprachmächtig zu machen, damit sie sich die Welt aneignen, sich gegen falsche Einflüsterungen verwahren und gegen Unrecht ihre Stimme erheben können.

Empathie
Friedrich Spee besaß die Gabe, sich in andere hineinzuversetzen. Er wusste um die Ängste und die Bedürfnisse der ihm in der Seelsorge Anvertrauten; er litt unermesslich mit den der Hexerei Angeklagten; die Not der Soldaten und der Bevölkerung, die unter den Grausamkeiten des Dreißigjährigen Krieges litten, berührte ihn tief. Sein Einfühlungsvermögen war die Grundlage dafür, dass er den Mut aufbrachte, die ungerechten Hexenprozesse anzuprangern und sich konsequent auf die Seite der Opfer zu stellen. – Die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, sie zu verstehen, muss das Ziel von Erziehung und Bildung sein. Einfühlungsvermögen ist die Voraussetzung dafür, am sozialen Leben, sei es privat oder beruflich, teilzuhaben, seine eigenen Fähigkeiten und Interessen in gesellschaftliche Zusammenhänge einzubringen, Verantwortung zu übernehmen und sich für Minderheiten und Benachteiligte einzusetzen.

Mobilität
Seine Ausbildung und seine häufig wechselnden Aufgaben führten Friedrich Spee an viele verschiedene Orte Deutschlands; an kaum einem verweilte er mehrere Jahre lang ununterbrochen. Sein Leben war dadurch geprägt, dass er Tätigkeiten beenden, Menschen zurücklassen und neue Pflichten übernehmen musste. Friedrich Spee hatte aber, trotz aller Ortswechsel, ein Zuhause, er war in seinem Orden beheimatet und unterwarf sich mit bemerkenswerter Disziplin und echter Demut den Regeln des Ordens und den Anweisungen seiner Vorgesetzten. – Heute wird in einer globalisieren Welt von jungen Menschen ein hohes Maß an Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit erwartet. Die Bereitschaft zu ständiger Veränderung setzt aber Regelmäßigkeit und innere Stabilität voraus; diese müssen die Grundlage der persönlichen Lebensführung sein und in der Ausbildung und im Alltag geprägt und eingeübt werden, um den Wechselfällen und Brüchen des Lebens gewachsen zu sein.

Ganzheitlichkeit
Friedrich Spee war Wissenschaftler und Seelsorger, Dichter und Hexenanwalt. Sein scharfer Verstand, seine umfassende Bildung und seine Aufgaben in Schule und Universität standen nicht in Widerspruch zu seinem seelsorgerischen Einsatz, seiner persönlichen Frömmigkeit und seiner dichterischen Betätigung. Friedrich Spee reifte zu der Persönlichkeit, die er war, weil er in seinem Leben das rechte Maß zwischen Unabhängigkeit und Unterordnung, zwischen Freiheit und Gehorsam fand. Er verkörpert mit seinem Leben und Wirken eine ganzheitliche Lebensführung, deren Notwendigkeit auch in unserer Zeit wieder entdeckt und gefordert wird. – Es gilt, das rechte Maß zwischen Öffentlichkeit und Zurückgezogenheit, zwischen Vernunft und Gefühl, zwischen Freiheit und Disziplin, zwischen Anstrengung und Selbstbeschränkung zu finden. Geistige und praktische Bildung sind Voraussetzung, um frei zu sein und sich gleichzeitig so zu verankern, dass persönliche Bedürfnisse und soziale Erfor-dernisse in Einklang gebracht werden können.

Irrtum
Als Kind seiner Zeit und Mitglied des Jesuitenordens, der sich die Gegenreformation zur Aufgabe gemacht hatte, predigte Friedrich Spee gegen die Protestanten und ging unnachgiebig gegen diejenigen vor, die nicht zum katholischen Bekenntnis zurückkehren wollten. Wir wissen nicht, ob Spee im Laufe seines Lebens, nach seinem Einsatz für die Rekatholisierung in Peine, zu einer milderen, gar toleranteren Haltung gegenüber den evangelischen Christen fand. Sein brillanter Verstand, seine umfassende Ausbildung, seine große Zuneigung zu den Menschen und seine umfassende seelsorgerische Erfahrung haben ihn nicht davor bewahrt, anderen Menschen Unrecht zu tun und einseitigen Sichtweisen zu erliegen. – Die Erziehung zur Toleranz ist die Voraussetzung dafür, dass Menschen unterschiedlicher Religionen und Konfessionen, unterschiedlicher Herkunft und Lebensformen miteinander leben können. Das Beispiel Friedrich Spees sollte uns vorsichtig machen im Blick auf unsere Selbsteinschätzung als moderne, der Aufklärung und den Menschenrechten verpflichtete Zeitgenossen. Auch wir sind vor Irrtum im Blick auf die Beurteilung von Zeiten, Menschen und Werten nicht gefeit und zu kritischer Selbstreflexion und Korrektur aufgefordert.

Friedrich Spee von Langenfeld wurde von der Katholischen Kirche nie nach den Vorschriften des kanonischen Rechts heilig gesprochen. Mag diese Tatsache auch den Zufällen der Geschichte oder den engen Vorstellungen von „heilig“ in der Katholischen Kirche geschuldet sein, so liegt darin doch auch eine Botschaft für unsere Zeit: Friedrich Spee ist nicht konfessionell zu vereinnahmen, sondern gehört mit der Vielfalt seiner Gaben und seines Wirkens, aber auch mit seinen Schwächen über konfessionelle und religiöse Grenzen hinweg „allen“ und hat uns allen etwas zu sagen.