„In unserer Schule steckt viel mehr als 45-minütige Unterrichtseinheiten“

Schulleiter Kajo Hammann bei der Verabschiedung durch die SV.

Schulleiter Kajo Hammann bei der Verabschiedung durch die SV.

Kajo Hammann ist zwar als Schulleiter schon verabschiedet, arbeitet aber offiziell noch bis zum 31. Juli an unserer Schule. In unserem fsg-Sommerinterview spricht er über seine zurückliegende Zeit am Friedrich-Spee-Gymnasium. 

Herr Hammann, ziemlich genau sechs Jahre ist es her, dass Sie Ihren Dienst am Friedrich-Spee-Gymnasium antraten. Welche Erinnerungen haben Sie noch an Ihren „Schulanfang“?

Kajo Hammann: Während der ersten Woche haben wir oft die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Aus dem FSG wollte man damals eine IGS machen, das teilte der damalige Schulentwicklungsplaner Krämer-Mandeau uns unverhohlen mit. Deshalb starteten wir damals eine politische Gegenbewegung, um unser Selbstbestimmungsrecht zur Geltung zu bringen. Währenddessen wurden wir als lebendige Schule wahrgenommen, die für ihre Idee kämpft.

Bei den Protesten ging es damals vor allem darum, die gemeinsame Orientierungsstufe mit der benachbarten Realschule Plus aufzulösen…

Hammann: Wir scheuten damals nicht die Arbeit mit allen Kindern – aber an einem Gymnasium kann man nicht allen Menschen gleichzeitig gerecht werden. Wir hatten am FSG damals große Disziplinprobleme und konnten eine gymnasiale Bildung nicht im gewünschten Maße gewährleisten. Dass ich in meinem ersten Jahr zum Beispiel mehr als 30 Schulleiterverweise aussprechen musste, war eine komplett neue Erfahrung für mich. Und gleichzeitig kam von Triers Schuldezernentin Angelika Dirk damals die Aussage, wir seien als FSG entbehrlich. Es war also wahrlich kein leichter Start – und die ersten Monate waren geprägt von Kampf auf allen Ebenen.

Ein weiteres Problem war damals sicherlich die Skepsis der Öffentlichkeit gegenüber dem G8-Abitur…  

Hammann: Ich selbst war schon vor meiner Zeit am FSG an einem Ganztagsgymnasium tätig – und wusste deshalb, wie wichtig es ist, mit einem klaren Konzept zu zeigen, dass in einem Ganztagsgymnasium mehr steckt als nur 45-minütige Unterrichtseinheiten. „Zeit ist unsere Stärke“, ist ein Motto, das wir damals formulierten. Damit wollen wir ausdrücken, dass wir Schule als Ort der Begegnung junger Menschen auffassen, die fürs Leben und nicht für die Schule lernen. Das Ganztagsgymnasium bietet nämlich genügend Zeiträume, die Neigungen und Interessen der Schüler individuell zu bedienen.

Wie sieht das am FSG konkret aus?

Hammann: Es gibt auf unserem Schulgelände viele Möglichkeiten, entweder für sich allein oder gemeinsam mit anderen zu sein. Wir haben wahrlich eine Bibliothek, die sich landesweit sehen lassen kann, und wir nutzen sie mit motivierenden Projekten zur Leseförderung. Darüber hinaus haben wir mit dem „Raum der Stille“ oder dem Künstleratelier um Sebastian Böhm schulische Leuchttürme, die ihresgleichen suchen. Und auf dem Schulhof gibt es viele sportliche Nischen, wie beispielsweise die Freisportanlage und den Bolzplatz, der vor den Sommerferien gerade erst saniert wurde.

Im Laufe der vergangenen fünf Jahre haben sich die Anmeldezahlen verdoppelt. Sehen Sie darin eine Bestätigung für Ihre Arbeit?

Hammann: 92 Neu-Anmeldungen fürs kommende Schuljahr sind nicht nur Bestätigung, sondern machen mich wirklich stolz. Die große Resonanz in der Bevölkerung zeigt, dass wir auf genau dem richtigen Weg sind – und dieses Gefühl braucht man auch, um motiviert diesen Weg weiterzugehen. Das FSG ist heute eine Schule mit beträchtlichem Ansehen: nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei der ADD in Trier und beim Ministerium in Mainz.

Welches Ereignis der vergangenen Jahre bleibt bei Ihnen besonders in Erinnerung?

Hammann: Eine besondere Herausforderung war sicherlich der Doppel-Abitur-Jahrgang vor zwei Jahren, als wir in einem Vierteljahr zwei Mal die Abitur-Prüfungen durchgeführt haben. Dank des hervorragenden Kollegiums haben wir das sehr gut hinbekommen. Den Wegfall einer ganzen Jahrgangsstufe und den damit verbundenen Verlust von mehr als 100 Schülern konnten wir ohne Versetzungszwänge bewältigen – das war schon bemerkenswert.

Wie ist es aus Ihrer Sicht um die Zukunft der Schule bestellt?

Hammann: Aktuell gibt es keinen Grund zur Klage: Die Schüler-Situation ist gut und wir müssen inzwischen wieder Personal dazugewinnen. Die Stadt Trier hat zuletzt viel Geld für das FSG in die Hand genommen, nicht nur für den Wassersprudler, sondern vor allem auch für den Bolzplatz und die Brandschutzmaßnahmen in allen Gebäuden – die Voraussetzungen für die schulische Zukunft sind also sehr gut. Jetzt hoffen wir, dass auch die Mäusheckerhalle tatsächlich ab dem Frühjahr 2020 wieder genutzt werden kann. Diese braucht das FSG nicht nur als Sport-, sondern auch als Versammlungsstätte.

Hatten Sie eigentlich zwischendurch mal darüber nachgedacht, noch ein oder zwei Jahre als Schulleiter am FSG dranzuhängen?

Hammann: Das war für mich nie ein Thema. Seitdem ich die 60 Jahre überschritten habe, fühle ich mich körperlich zunehmend gefordert und merke, dass ich nicht mehr der Jüngste bin. Die Beanspruchung war schon enorm, oft bin ich erst nachts nach Hause gekommen.

Wie geht es für Sie nach Ihrer Schulzeit persönlich weiter?

Hammann: Ich freue mich nun auf meine nächste Lebensphase, für die ich klare Vorstellungen habe: Ich werde mehr Zeit für meine Frau, meine Familie und meinen Enkel haben, aber auch den Geist weiterhin bedienen und ein Seniorstudium an der Uni Trier beginnen. Außerdem will ich meinem Enkel die Geschichte meiner Kindheit aufschreiben. Das ist ungemein herausfordernd.